Was mich beschäftigt

Tatort „Einschulungsgespräch“ – meine Erfahrungen…

Ich weiß heute gar nicht so recht wo ich überhaupt beginnen soll. Meine Gedanken kreisen hin und her, ich bin frustriert, verärgert und auch wütend über mich selber. Wieso kann ich nicht einfach schlagfertig sein, aufstehen und losbrüllen wenn sich etwas nicht richtig anfühlt…aber nein ich sitze fest in meiner Schockstarre…diesmal mit meinem super tollen Herrn Bären und das gegenüber von Menschen die mein Kind überhaupt nicht kennen, es aber nach kurzer Zeit be- und schon fast verurteilen. Tatort: „Einschulungstest„.

Das ganze Prozedere begann gestern um circa neun Uhr. Eigentlich war ich sehr positiv eingestellt, Herr Bär war fröhlich und ging auch ganz selbstverständlich mit einer ihm unbekannten Lehrerin, als auch der Direktorin in ein separates Zimmer. Die Tür blieb zwar halb offen, Herr Bär und das andere Kind konnten uns Eltern aber nicht sehen. Beide Kinder schien das nicht zu stören, weshalb ich mich also in Ruhe in Warteposition begab. Und ich wartete 10 Minuten, 20 Minuten, 30 Minuten. Immer wieder hörte ich mein Kind reden oder irgendetwas abzählen und ich war so richtig stolz auf ihn. 40 Minuten waren um, die Kids mussten noch immer Aufgaben erfüllen und der andere Junge wurde ziemlich schroff zurechtgewiesen, weil er kurz gelacht hatte. 50 Minuten waren um, die Kids noch immer bei ihren Aufgaben. Langsam wurde ich ungeduldig…

Endlich nach circa 55 Minuten wurden die Kids wieder „entlassen“, aber nur um am Gang noch wie ein Hase zu hoppeln, wie ein Frosch zu hüpfen und die Stiegen mehrmals auf- und abzugehen. Erst dann war alles vorbei und wir wurden gebeten „kurz“ draußen zu warten. Herr Bär war super happy, es hatte ihm Spaß gemacht in der Schule zu sein und er fragte mich, ob er sich noch weiter umsehen dürfe. „Na klar“, antwortete ich und schwubs verschwand er für einige Minuten in einer 2ten Klasse.

Die weitere Wartezeit verging und erst nach circa 30 Minuten wurden zuerst die anderen Eltern und dann schließlich wir aufgerufen. Gemeinsam mit Herrn Bär ging ich also in die Direktion und warte ganz gespannt auf das Ergebnis. Kurz darauf die totale Ernüchterung.

Ich möchte an dieser Stelle noch sagen, dass ich selbst schon seit circa 10 Jahren als Lehrerin in unserem (für mich nicht so tollen) Schulsystem arbeite. Ich kann viele Stresssituationen und Probleme, denen Pädagogen ausgesetzt sind absolut nachvollziehen und nehme mich normalerweise tunlichst zurück irgendwelche Kollegen/Innen zu bewerten. Wie diese junge Lehrerin allerdings mit mir und vor allem vor meinem Kind gesprochen hat, war für mich einfach nur „unter jeder Sau“ und hatte mit pädagogisch wertvoll leider wenig zu tun. Gleich zu Beginn präsentierte sie mir den von Herrn Bären gezeichneten Menschen und nahm seine Zeichnung völlig auseinander. Die Aussage „Sehen sie sich das bitte an, der hat ja nicht mal einen Hals der Mann“, brachte mich sogar noch kurz zum Schmunzeln. Was allerdings folgte war nicht so schön.

Ohne mein Kind dabei anzusehen wurde zu 90 Prozent in 3ter Person über ihn gesprochen und es fielen oft Wörter wie mittelmäßig und nicht gut entwickelt usw. Die ganze Zeit ging es irgendwie nur um seine zugegeben eher lieblose Zeichnung und es wurde analysiert, dass mein Kind im einem Jahr noch keine Buchstaben machen kann (macht er jetzt zwar schon aber egal) und er der Zeichnung zu Folge einfach noch nicht so entwickelt ist. Mag so sein… Das Highlight war dann allerdings als mir eine Übersicht mit Kinderzeichnungen präsentiert wurde und speziell auf die hingewiesen wurde, die von Kindern gefertigt wurden, die mehr als 3 Stunden pro Tag fernsehen. Ich glaube zu diesem Zeitpunkt brach dann irgendwie alles in mir zusammen. „Alter, wollen mir die durch die Blume sagen, dass ich mein Kind drei Stunden täglich vor der Glotze parke?“. Ich war so wütend und unter Schock, konnte überhaupt nicht reagieren oder zumindest kaum. Mein Sohn begann immer mehr auf den Boden zu starren und sagte nichts.

Als wir dann endlich zu Mittag gingen mit dem Stempel „nicht schulreif“ versuchte ich möglichst normal zu sein und thematisierte bei meinem Sohn das Einschulungs“gespräch“ eigentlich kaum. Herr Bär kam mir normal vor und wollte auch noch in den Kindergarten. Bis zum Abholen hatte ich also noch genügend Zeit um alles Revue passieren zu lassen und meine Emotionen zu ordnen.

War ich vielleicht wütend oder zumindest traurig, weil mein toller Herr Bär wirklich noch etwas mehr Zeit brauchte für einen gelungenen Schulstart?“ oder „War ich sogar schon so eine Mama die ihr Kind nur an Leistungen messen wollte?“ Ich schwöre euch ich quälte mich und suchte wie immer viel „Schuld“ bei mir (eines meiner blöden Muster). Nach stundenlangem Herumüberlegen kam ich jedoch wirklich zu dem Schluss, dass die Art und Weise wie dieser Einschulungstest lief das große Drama für mich darstellte und nicht die Tatsache, dass Herr Bär noch ein Jahr Vorschule braucht.

Ich liebe meine Kinder, sie sind beide großartig und einzigartig in ihren Fähigkeiten und das einzige was ich mir für sie wünsche ist, dass es ihnen gut geht und vor allem, dass man sie auch in all ihrem Können und auch ihren Sorgen ernst nimmt. Und genau das passierte hier leider nicht.

Vielleicht dachte diese Lehrerin, dass Herr Bär das sowieso nicht alles so mitbekommt. Vielleicht checkte sie einfach nicht, dass er immer verunsicherter wurde und auf den Boden starrte. Was sie wirklich nicht mitbekam war seine natürliche Reaktion etwas später auf das Ganze.

Als ich ihn nämlich einige Stunden später vom Kindergarten abholte, sagten mir seine Pädagoginnen, dass er den ganzen Vormittag „grundlos“ geweint hatte und in derselben Nacht kam mein Sohn erstmals seit Jahren zu uns ins Bett gekrochen und wollte bei „Mama und Papa“ schlafen.

Liebe hier nicht genannte Schule: mein toller Sohn kommt nächstes Jahr in die Vorschule, das aber sicher nicht bei euch. Vielleicht ist er noch nicht schulreif, das ist okay, aber er ist nicht dumm und er hat es sich wie jedes andere Kind verdient, dass man auf angemessene Art und Weise mit ihm spricht. Das was dort passierte löste bei meinem Sohn ein Unbehagen und große Unsicherheit aus…ich finde wirklich Schule sollte anders starten

16 thoughts on “Tatort „Einschulungsgespräch“ – meine Erfahrungen…”

  1. Drück Herr Bär mal von mir. So eine Person dürfte nicht auf Kinder losgelassen werden!! Mein Sohn konnte damals keine Schleife binden. Da habe ich gesagt, selbst wir Erwachsenen haben nur Schlupfschuhe oder mit Klettverschluss. Ende der Diskussion. Und beim Nachmales eines Kreises war er ein kleines bisschen schief geworden. Das wurde natürlich auch bemängelt. Da habe ich zu meinem Sohn gesagt: das hast du besser gemacht als ich es könnte. Die Direktorin hat nur doof geguckt. Er hat den Stempel bekommen, aber wir sind dann weit weg gezogen und in seiner jetzigen Schule ist alles gut. Für Herrn Bär wird es das auch!!!! LG, Claudia

  2. Da verschlägt es mir wirlich die Sprache. Die Einschulungstests waren bei uns zum Glück viel enspannter u. Spielerischer. Die haben auch bei weitem nicht so lange gedauert. Aber mein Sohn hat die Männchen auch in dieser Art gemalt. Sahen eher aus wie Bilder von 3 Jährigen.Aber es wurde nie auch nur ansatzweise bemängelt. Man kann doch nicht die Fähigkeiten des Kindes von Bildern abhängig machen. Ist ja auch manchmal einfach Begabungssache. Mein Sohn ist ganz normal eingeschult worden. Ihm macht Schule rießig Spaß. Kann alles recht gut ließt nach dem ersten halben Jahr schon schwierige Texte. Wünsche Euch alles Gute und eine gute Lehrerin. ?

  3. Sehr sehr traurig! Tut mir echt leid für Euch, was Ihr erleben musstet! Jedes Kind sollte sich auf die Schule freuen….Jetzt habe ich ganz schön Respekt davor, wie das so bei uns laufen wird. Ich kenne viele Jungs, die eben nicht so gerne malen und daher auch nicht so gut malen. Dafür können sie dann andere Dinge total gut. Lasst Euch nicht entmutigen….!

  4. Puh das ist wirklich hart. Das Gespräch 55 Minuten? Und dann zu zweit … wir hatten vor kurzem auch den Einschulungstest und ich kann nur das genaue Gegenteil berichten: Einzelgespräche mit den Schülern (und zwei Lehrern), danach ein kurzes vorab Gespräch und meine Maus wurde komplett mit einbezogen. Dann erst ging es zur Rektorin – alles unwahrscheinlich freundlich, positiv, offen und einfach eine tolle Atmosphäre für den Start! Immer das Kind im Mittelpunkt. Vielleicht hatten wir auch nur Glück mit der Schule …. und den Lehrern/ der Rektorin natürlich. So wie es bei euch gelaufen ist, ist es also nicht „normal“ … du hast alles Recht der Welt was zu dazu zu sagen! Aber so wie du es schilderst hätte ich wahrscheinlich die Schulwahl ebenso überdacht 🙁 Oder ist das bei euch so, das ihr einer bestimmten Schule fest zugewiesen werdet? Drück dir die Daumen, das es dein Großer nicht zu schwer nimmt 🙁 Ganz liebe Grüße!

    1. Danke liebe Nini, er hats schon überwunden glaub ich…ich tat mich einfach mit der Art sehr schwer und vor allem mit dem Hintergrundwissen, dass es seinem Papa immer gleich ging…glg <3

  5. Hallo Lily, kann mich gar nicht erinnern das ich 1973 so einen Test hatte. Oder gabs das damals nicht?
    Wozu ist den die Schule da? Da sollen die Kinder doch erst all das lernen, was gefordert wird.
    Lily anfangs wusste ich nicht wer der Herr Bär ist. Ich dachte ein Kollege von Dir der da mit ging.
    Mach dir nichts draus und vergiss die blöden Bemerkungen. Jetzt hast Du ein gutes Jahr Zeit für Vincent die Beste Schule zu finden, wo er so angenommen wird wie er ist, mit seinen Stärken und Schwächen, die jeder von uns hat.
    Lg Norbert

  6. Hallo Lily,
    Wir leben auch in Wien und hatten Einschulung im Jänner. Bei uns hat das ganze 2 Stunden gedauert und wir hatten unsere Kinder nicht im Blick. Ich kannte das Prozedere schon vom letzten Jahr von meiner Tochter. Bei uns gab es kein Gespräch mit Kind, weil die Auswertung nicht fertig war. Es schauen 6 Lehrer 10 Kinder an. Meine Tochter geht seit einem halben Jahr in diese Schule und wir sind sehr zufrieden. Ich finde es ehrlich bedenklich, wie das bei euch abgelaufen ist und ich frage mich, ob man das nicht dem stadtschulrat melden sollte? Um anderen jungen Kindern zu ersparen, was Herrn Bär passiert ist! Stell dir vor, es gibt ja auch andere Eltern: die dann heim gehen und dem Kind sagen: siehst du, du bist zu blöd für die Schule!

  7. Oje, das ist kein toller Einstieg und man sollte so nicht mit den Kids umgehen. Bei uns kommt jemand zum Testen in den Kindergarten. War aber auch sehr komisch, meine hatte keine Lust und hat „nur“ einen Kopffüssler gemalt, obwohl sie es auch anders kann. Dann war die Aufgabe zu zeigen, ob sie auf einem Bein hüpfen kann- da hat sie dann später gefragt warum sie nur so wenig gehüpft sei. Da musste ich doch glatt die Fragestellung bemängeln – wenn sie wissen will wie oft sie das kann muss sie auch danach fragen, zumindes bei meinem Kind. Der Test war eh irgendwie komisch, nicht mal den eigenen Namen mussten sie schreiben, dafür komische Zeichen teilweise. Der Kinderarzt bei der U hat viel mehr wissen wollen, ganz spielerisch und meinte sie ist top und weit voraus, in deren Zettel steht jetzt sie müsste grobmotorisch gefördert werden ? So ein quatsch. Was so ein Umgang mit einem Kind anrichtet ist denen wohl nicht bewusst oder egal. Und in einem Jahr tut sich bei Kindern noch sooo viel, da kann man doch noch gar nichts sagen… Alles Gute für Herrn Bär, dass ihm die Schule dann auch Spaß macht 😉

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